sábado, 2 de junho de 2007

Spatzenphilosophie

Wenn es legitim ist, die chaotische Musik über den Dächern mit dem Lärm des Zeitgeistes in Verbindung zu bringen, dann müßte der Spatz auf dem Dach und nicht die Eule der Minerva als das Wappentier der Philosophie gelten. (...)
Die Spatzenphilosophie ist ein Denken der Gleichzeitigkeit - ein wenig zu laut und zu schnell (...).
Wo Hegels Eule ein Ganzes sieht, weil das Ganze selbst dem Ende nahe ist und als versinkende Gestalt des Geistes vor uns erscheint, pfeift der Spatz seine gegenwärtige Perspektive vom Dach - flüchtige Ansichten, momentane Stimmungen, wandernde Profile, bewegliche Horizonte. Diese Vögel sind vermutlich Situationisten, Perspektivisten, Taoisten. Sie halten es nicht mit letzten Einsichten und totalistischen Abgesängen. Ihre Dachkonzerte sind nomadisch und volatil (...).
(Die Eule) symbolisiert das Vergreisen der Welt, die aus den frühen Kulturen um das Mittelmeer erwachsen war; sie steht für eine Betrachtungsweise, bei der es im Guten wie im Bösen immer schon zu spät ist. Im eulenhaften, abschließenden Wissen kommt der Geist der Untergänge und Verluste zu sich selbst. Wenn er es in etwas bis zur Gewissheit gebracht und sein letztes Wort gesprochen hat, bleibt für ihn nur der Abschied des Begriffs vom Leben und das vermittelnde Andenken daran. Im letzten Wissen sind die Schlußworte der Dinge und die Nachrufe auf sie niedergelegt. (...) Hingegen sind die Spatzen ruchlos fröhlich bei der Sache des Augenblicks, sie trillern in den Tonarten des Zeitgeistes durheinander und pfeifen skandalös auf die Eulentöne, die sich aufführen, als sei mit ihnen die Geschichte von Musik und Weisheit überhaupt am Ende.
Peter Sloterdijk, Kopernikanische Mobilmachung und ptolemäische Abrüstung

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